Zum 10. Mai

Bundesarchiv_Bild_102-14597,_Berlin,_Opernplatz,_BücherverbrennungLiebe Freundinnen und Freunde des Haus am Schüberg,

„Gegen Frechheit und Anmaßung“, riefen Studenten am 10. Mai 1933. „Für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist!“ Und dann warfen sie Bücher auf den Scheiterhaufen. Auch die meines verehrten Autors Kurt Tucholsky. Das geschah auf dem Opernplatz in  Berlin und an 21 anderen Orten in Deutschland.

Es waren Sätze wie diese, die den Völkischen auf den Geist gingen: „Satire hat eine Grenze nach oben: Buddha entzieht sich ihr. Satire hat auch eine Grenze nach unten. In Deutschland etwa die herrschenden faschistischen Mächte. Es lohnt nicht – so tief kann man nicht schießen.“

Der bedeutende Publizist und Satiriker der Weimarer Republik schrieb spitz auf den Nerv seiner Zeit. Und dann brannten seine Bücher neben denen von Carl von Ossietzky. Was beide Autoren verband: Sie waren jeweils Herausgeber der Zeitschrift „Die Weltbühne“. Und beide waren  Pazifisten, was im Wortsinn etwa „friedliebende Menschen“ bedeutet. Ossietzky hatte 1931 auf die verbotene Aufrüstung der Wehrmacht aufmerksam gemacht und wurde dafür als Spion angeklagt. Auch wenn ihm der Friedensnobelpreis 1935 zuerkannt wurde, erlag er drei Jahre später den Folgen von Folter und Gefangenschaft. Tucholsky setzte schon 1935 seinem Leben selbst ein Ende. „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“ Dieser Satz des von Tucholsky hoch verehrten Heinrich Heine galt übertragen auch für die beiden friedliebenden Schriftsteller.

Was macht das zum Thema der Kirche? Damals hat sie sich nicht laut gegen die Bücherverbrennungen ausgesprochen. Viele Kirchenleute werden sich heimlich darüber gefreut haben, wie es den Schriften Tucholskys ergang. „Gewehre rechts – Gewehre links – das Christkind in der Mitten … Gibt es einen greulicheren Anblick?“ Solche Fragen sind doch frech, anmaßend und gehen auf den Geist, oder?

Mit Scham gedenken wir in Kirche und Gesellschaft der Bücherverbrennung vor 82 Jahren und ihren stillen Befürwortern. Es braucht auch heute mutige Menschen wie Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky in Gesellschaft und Kirche. Die gegen das Aufrüsten sprechen und gegen Waffengeschäfte für Profit. Die friedliebende Menschen sind und auch so handeln.

Ihr

Andreas Kalkowski.

Bild: Bundesarchiv, Bild 102-14597 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

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