Die UN-Klimakonferenz in Paris

Kerry_Addresses_Paris_2015oder: Paris als Weltmittelpunkt 2015

Die UN-Klimakonferenz steht vor der Tür und sie soll ein geschichtsträchtiges Ereignis werden, ein Beweis für die internationale Zusammenarbeit aller Länder, um den Klimawandel endlich einzudämmen, um die Zukunft und den Fortbestand der Menschheit zu bewahren, um den Wagen abzubremsen, der mit voller Geschwindigkeit auf eine Wand zufährt. Jedoch erreicht die Aufmerksamkeit für Paris nie ihren vollen Höhepunkt, Zeitungsmeldungen wie „Vorgelegte Klimapläne der Länder reichen nur für eine Eindämmung der Erderwärmung auf 2,8°C“ oder „Vorverhandlungen in Bonn für Paris laufen vielversprechend“ werden eher am Rande wahrgenommen.

Zwei Wochen vorher, bevor es in die ernste Phase und die Verhandlungen um den sehnlich herbeigewünschten Vertrags geht, verlagert sich die Aufmerksamkeit der Weltbevölkerung auf ein schreckliches Ereignis in Paris. Terroristen stürmen ein Konzert und töten 130 Menschen, nicht der erste terroristische Anschlag in Paris in diesem Jahr. Dieser Anschlag hat weitreichende Konsequenzen: Die Welt schließt sich zusammen, um den sogenannten Islamischen Staat (IS) zu bekämpfen, in Paris wird die Sicherheitsstufe erhöht, genau wie in Belgien herrscht Versammlungsverbot. Die ganze Welt ist erpicht darauf, diese Verbrechen an der menschlichen Freiheit und Würde endlich gestoppt zu sehen. Diese zwei Ereignisse lassen sich kaum miteinander vergleichen, haben jedoch ausschlaggebende Auswirkungen aufeinander. Während Frankreich versucht, seine Souveränität und Freiheit zu bewahren, schränkt es die der Bürger*innen im gleichen Maße ein.

Die Anschläge von Paris zwei Wochen vor der Klimakonferenz haben den Fokus der Weltbevölkerung vollkommen verlagert. Es ging in Paris nicht mehr vorrangig um die Bewahrung unserer Welt, um die Rettung der Natur und um sauberere Luft, sondern um die Bekämpfung des Terrors des IS, darum, Einigkeit gegen einen Feind zu zeigen, der greifbar ist. Während die Bekämpfung des IS mit Hochdruck läuft, läuft die Bekämpfung der Erderwärmung eher schleppend. Durch die Anschläge und das daraus resultierende Versammlungs- und Demonstrationsverbot wurde der öffentliche Sektor beinahe komplett aus den Verhandlungen herausgehalten, Druck durch die Öffentlichkeit war nahezu gar nicht möglich und das bei der Konferenz, in die so viele Umweltschützer große Hoffnungen gelegt haben. Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen wurden abgesagt aus der Angst vor einem realerem Feind, dem Feind der Freiheit.

Umso schöner ist es, nach der Konferenz ein rückblickendes Resümee zu fassen:

Obwohl ein striktes Verbot in Paris herrscht, haben doch einige Aktionen den Fokus auf die Verhandlungen gelenkt, wie hier auf dem Place de la République im Herzen von Paris, wo tausende Schuhe stellvertretend für die Klimademonstranten ein imposantes Bild zum Besten geben. Ein klares Zeichen: Die Pariser lassen sich auch durch die Anschläge nicht daran hindern, ihren Teil zur Klimakonferenz beizutragen. Weltweit gingen am Tag vor dem Verhandlungsbeginn hunderttausende Menschen für einen Wandel in der Klimapolitik auf die Straßen in Berlin, New York, London, Sydney usw. Jedoch waren nicht alle Umweltaktionen mit den zuständigen Behörden in Paris abgesprochen, so hat Greenpeace beispielsweise den Kreisverkehr um den Triumphbogen mit Hilfe von Farbe zu einer riesigen Sonne umgestaltet, als Zeichen für die Delegierten auf der Konferenz, endlich aus der Kohle auszusteigen und auf regenerative Energien umzusteigen.

Doch was hat der beschlossene Vertragstext genau für Auswirkungen? Ist er stark und bindend genug, um die Klimaerwärmung einzudämmen?

Die Antwort ist klar und doch inhaltslos: Es wird sich zeigen. Der Vertragstext hat Stärken und Schwächen, er wird sowohl von der politischen Seite als auch von Seiten der NGOs unterschiedlich wahrgenommen, die einen preisen ihn als die Rettung der Welt, andere sind sehr kritisch und finden ihn zu lasch. Fest steht: Die Staaten dieser Welt haben sich das Ziel gesetzt, die Klimaerwärmung ‚well below 2 degrees‘, also weit unter 2 Grad zu halten und das Ziel von 1,5 Grad wird angestrebt. Die zuvor eingereichten INDCs (Intended Nationally Determined Contributions), also die Klimaziele der Länder, werden alle 5 Jahre auf den Prüfstand gestellt, dürfen nur verbessert werden und sollen das Ziel der 1,5 Grad im Auge haben. Wie ambitioniert diese Ziele verschärft und verfolgt werden, wird sich zeigen. Den Ländern, die vom Klimawandel besonders betroffen sind, diesen aber größtenteils nicht ausgelöst haben, wird ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der sogenannten Loss & Damages, der Verluste und Schäden durch den Klimawandel, zur Verfügung gestellt. Ob diese Summe ausreicht, wird sich ebenfalls zeigen.
Ein großer Nachteil des Vertrages: Der Begriff der Decarbonisierung, also der Vermeidung von CO2, steht in dieser Form nicht mehr im Text, sondern eine Art Ersatz: Es darf CO2 ausgestoßen werden, wenn im gleichen Maße CO2-Senken, also z.B. Wälder und Sümpfe, geschützt und weiter aufgebaut werden. Dieser Knackpunkt des Vertrages könnte zu einer Art Greenwashing führen, dass Länder den CO2-Ausstoß nicht minimieren, sondern ihre Bemühungen in den Erhalt von Wäldern setzen, was einerseits zwar gut ist, andererseits aber nicht zu einer klimaneutralen Welt führt.

Man kann abschließend also sagen: Wie so oft in der Politik und Diplomatie lässt sich die Weltklimakonferenz in Paris aus verschiedensten Seiten bewerten und man bekommt immer gänzlich unterschiedliche Resultate. Fest steht allerdings: Mit diesem ersten völkerrechtlich bindenden Vertragswerk hat der Mensch zum allerersten Mal etwas geschaffen, was auf internationale Zusammenarbeit zurückführt und nicht das Nationale, sondern das Wohl aller erhalten soll. Dies war ein erster wichtiger Schritt in Richtung Weltbevölkerungsdenken und nicht Länderdenken, es vereint die Menschen zum ersten Mal alle gegen einen gemeinsames Feindbild: Gegen unsere CO2-intensive Lebensweise. Ob dieser Vertrag und die damit einhergehende Solidarität der Weltbevölkerung ausreicht, um unsere Ziele zu erreichen, wird sich, wie erwähnt, zeigen. Für die meisten Umweltschützer steht fest: Die Arbeit fängt jetzt erst so richtig an.

Autor: Janosch Sülz / FÖJ UmweltHaus am Schüberg

 

Bilder: Secretary Kerry Addresses Delegates. U.S. Department of State [Public domain], via Wikimedia Commons

 

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